Nachname: Bäcker
Vorname: Otto
Geburtstag: 27.11.1887
Geburtsort: Heeserstraße 4/2, Siegen
Wohnort(e): Siegen, Wuppertal, Dieringhausen
Beruf/Erwerbstätigkeit: Schlosser
Religion: unbekannt
Deportationsdatum: nach dem 20. Juli 1944
Haftort(e): KZ Sachsenhausen; KZ Dachau; KZ Dachau, Außenlager Aufkirch
Todestag: 1945
Todesort: unbekannt
Biografie: Otto Bäcker wurde am 27. November 1887 in der Heeserstraße 4/2 in Siegen geboren. Sein Vater Wilhelm war Werkführer bei der Bahn. Nach Volksschule und Schlosserlehre wurde Otto Bäcker 1909 Soldat in Berlin und nahm von 1914 bis 1918 am Ersten Weltkrieg teil. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst wieder in seinem Beruf. 1918 trat er der SPD bei und wurde 1920 Geschäftsführer des freigewerkschaftlichen Deutschen Eisenbahner-Verbands in Siegen, nachdem er wegen Streikorganisation gegen den Kapp-Putsch aus dem Bahndienst entlassen worden war.
Ehefrau Grete Bäcker geb. Frentrup war ebenfalls politisch engagiert. Gemeinsam mit dem Sozialdemokraten Fritz Fries (1887-1967), Abgeordneter des Preußischen Landtags (1921-1932), war sie 1925 Mitbegründerin der Arbeiterwohlfahrt in Siegen.
1929 wurde Otto Bäcker neben Fritz Fries, Wilhelm Kollmann und Peter Müller für die SPD in den Siegener Stadtrat gewählt. Er engagierte sich im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und war Vorsitzender der Ortsgruppe Siegen (1931/32). Das gemeinsam von der SPD und den Freien Gewerkschaften im Dezember 1929 eingerichtete „Haus der Arbeit“ in der Sandstraße 20 wurde am 2. Mai 1933 von einer SA-Abteilung unter Leitung des Standartenführers Paul Giesler besetzt. Otto Bäcker, Peter Müller und Gustav Vitt wurden brutal misshandelt und in „Schutzhaft“ genommen. Nach zwei Tagen frei gelassen, wurde Otto Bäcker im Mai erneut für zwei Wochen inhaftiert.
Nach einjähriger Arbeitslosigkeit wurde er Handelsvertreter. 1936 zog Otto Bäcker mit seiner Frau nach Wuppertal, da er in Siegen unter ständiger politischer Beobachtung stand. Die Wohnung wurde 1943 ausgebombt. Das Ehepaar zog nach Dieringhausen im Bergischen Land.
Im Zuge der Verhaftungswelle nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wurde Otto Bäcker ein weiteres Mal festgenommen. Zunächst wurde er am 2. September in das Konzentrationslager Sachsenhausen überstellt und am 30. Dezember in das KZ Dachau bei München eingeliefert. Im Januar 1945 kam Otto Bäcker mit anderen Häftlingen "auf Transport" in das KZ-Außenlager Aufkirch bei Überlingen am Bodensee. Das Außenlager nahm etwa 800 Häftlinge aus dem Stammlager Dachau auf, die im Goldbacher Stollen eine gegen Luftangriffe geschützte, unterirdische Fertigungsstelle für Rüstungsgüter der Friedrichshafener Unternehmen Luftschiffbau Zeppelin, Maybach, Dornier und Zahnradfabrik zu errichten hatten. In zwei Schichten zu je zwölf Stunden legten die Häftlinge von Oktober 1944 bis April 1945 ein rund vier Kilometer langes Stollensystem in die Felsen.
Ein letztes Lebenszeichen von Otto Bäcker war ein Brief vom 5. Februar 1945 an seine Frau. „29.4.1945 befreit in Überlingen“ ist er nach Angabe der Gedenkstätte Dachau „im Frühjahr 1945 an den Haftfolgen gestorben.“
Autor/in der Biografie: Traute Fries, 2013; Ulrich F. Opfermann, 2015
Quelle(n): Adress-/Einwohnerbuch 1931/32; Mitteilung der Gedenkstätte Dachau; Siegener Zeitung, 14.2.1921, 3.5.1924; Karl-Ludwig Jüngst, Anfänge der SPD im Siegerland, Siegen 1974, S. 118; Ulrich Friedrich Opfermann, Siegerland und Wittgenstein im Nationalsozialismus. Personen, Daten, Literatur, Siegen 2001, 2. Aufl., S. 213; Dieter Pfau, 2. Mai 1933 - Zerschlagung von Arbeiterbewegung und Gewerkschaften, Siegen 2003; Detlef Wetzel/Hartwig Durt, bekämpft – verschwiegen – zerschlagen. Gewerkschaften und ihre Kämpfe im Siegerland bis 1933, Siegen 1989, S. 148, 152f.; Kurzinformation zu Goldbacher Stollen/Aufkirch: Oswald Burger, Dokumentationsstätte Goldbacher Stollen und Konzentrationslager Aufkirch, in: http://www.gedenkstaetten-bw.de/fileadmin/gedenkstaetten/pdf/gedenkstaetten/ueberlingen_dokumentationsstaette_goldbacher_stollen_kz_aufkirch.pdf; SZ 26.01.2016
Stolperstein Verlegedatum: 01.07.2013 und erneute Verlegung 25.01.2016
Stolperstein Verlegort: Sandstraße 20, Siegen
Bildquelle(n): Archiv AMS