Nachname: Lersch
Vorname: Paul
Geburtstag: 23.02.1916
Geburtsort: Siegen
Wohnort(e): Ernstweg 33, Siegen
Beruf/Erwerbstätigkeit: Arbeiter
Religion: katholisch
Haftort(e): KZ Sachsenhausen
Todestag: 30.03.1940
Todesort: KZ Sachsenhausen
Biografie: Nur wenige Informationen liegen über das kurze Leben von Paul Lersch vor. Die meisten stammen aus dem Entschädigungsantrag seiner Mutter Regina Lersch, eine „Wiedergutmachung“ für die Ermordung ihres Sohnes.
Im Antrag auf Wiedergutmachung heißt es, dass er „stark religiös eingestellt, doch geistig als minder rege zu bezeichnen war“. Als möglicher Grund für seine Verhaftung wird angeführt, er könne unbedachte Äußerungen über die NSDAP gemacht haben, mit der er sich den Unwillen der Partei zugezogen haben könne.
Mit dieser Begründung bekommt seine Mutter 1948, als Hinterbliebene eines Opfers der Nazidiktatur, eine monatliche Rente von 90 Mark zugesprochen, ein sogenanntes Elterngeld.
Das Datum seiner Einlieferung ins Konzentrationslager Sachsenhausen zeigt aber den wahren Hintergrund seiner Verhaftung und späteren Ermordung.
Er wird am 22. Juni 1938 in das Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert, seine Häftlingsnummer ist 5394, die NS-Häftlingskategorie lautet „Asozial“.
Bereits im April 1938 kommt es auf Befehl Himmlers zu einer Verhaftungswelle
gegen sogenannte Asoziale im Deutschen Reich. Bei dieser Aktion sollten vor allem Arbeitsscheue verhaftet und in Konzentrationslager eingewiesen werden.
Im Juni 1938 wurde die „Aktion Arbeitsscheu Reich“ erneut durchgeführt und auf weitere Personengruppen ausgeweitet. Zu diesen weiteren Personengruppen zählten Trinker, Prostituierte, Landstreicher, „Zigeuner“ und Juden. Diese sogenannte „Juni-Aktion“ wurde durch die Kriminalpolizei mit breiter Unterstützung der Arbeits- und Fürsorgeämter durchgeführt. Es ist davon auszugehen, dass Paul Lersch in der „Juni-Aktion“ im Kreis Siegen verhaftet und in das KZ Sachsenhausen verschleppt wurde.
Paul Lersch stirbt am 30. April 1940 in Sachsenhausen. Als Todesursache ist Köperschwäche angegeben.
„Paul war ein guter Kamerad, der furchtbares Heimweh nach seiner Mutter hatte“, so der Mithäftling Heinrich Balzer aus Eiserfeld.
Im Rahmen der allgemeinen Überprüfung der Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus im Jahre 1953 wird auch die Rente von Regina Lersch
überprüft. Der namentlich ungenannte ehemalige Arbeitgeber von Paul Lersch beurteilt ihn in einer Stellungnahme wie folgt:
„Lersch sei schwachsinnig gewesen, er hätte ihn nur aus Mitleid eingestellt,
die Arbeit hätte von einem Invaliden oder einer Frau erledigt werden können,
der Beschäftigung sei er nur unregelmäßig nachgekommen.“
Diese Aussage hatte erhebliche Auswirkungen. Auch auf Grund dieser in der
NS-Diktion verfassten Stellungnahme wird der Mutter im weiteren Verfahren
die bisher gewährte Hinterbliebenenrente aberkannt.
Vor allem aber galt: Es gebe keinen Beweis für die „politische Verfolgung“.
Autor/in der Biografie: Torsten Thomas, Ulrich F. Opfermann, 2015
Quelle(n): Sterbeurkunde KZ Sachsenhausen, 1.1.38.1/4107588/ITS Digital Archive, Bad Arolsen; Veränderungsmeldung KZ Sachsenhausen, 1.1.38.1/4093713/ITS Digital Archive, Bad Arolsen; LAV NRW, Abt. Westfalen, Regierung Arnsberg, Wiedergutmachungen Nr. 26857