Nachname: Rosenthal
Vorname: Auguste
Geburtstag: 19.7.1880
Geburtsort: Berleburg (heute Bad Berleburg)
Wohnort(e): Ederstraße 15, Berleburg
Religion: jüdisch
Deportationsdatum: 28.4.1942
Haftort(e): Zamosc
Todestag: unbekannt
Todesort: Zamosc
Biografie: Eins der Ziele bei den Berleburger Ausschreitungen am 9.11.1938 war das Haus der unverheirateten Auguste Rosenthal. Sie lebte dort gemeinsam mit mehreren Mietern. Während des sich stadtweit ereignenden Pogroms drangen mehrere junge Männer in ihre Wohnung ein und verwüsteten sie. Unter anderem zerstörten sie "eine schöne Standuhr mit einer Glasglocke, der Kristalleuchter und mehrere Bilder, darunter auch das eines 1916 bei Verdun gefallenen Bruders".
Den Ausschreitungen folgte auch in Berleburg der verstärkte Ausverkauf jüdischer Häuser und Grundstücke. Für Auguste Rosenthals Haus interessierte sich der Erbhofbauer Hermann Linde. Nach erfolglosen Versuchen, durch eine Vertreibung der Eigentümerin ins Ausland an Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude zu kommen, wandte er sich 1939 an den Regierungspräsidenten. Auguste Rosenthal wolle einfach nicht auswandern. Er, der Antragsteller, sei „kerngesund und habe 2 Söhne im Alter von 16 und 18 Jahren. Ich und meine Familie sind erbgesund und bearbeiten mit großer Lust und Liebe die Scholle meiner Väter. Ich bitte höflichst, durch aufsichtsbehördliches Einwirken, die Jüdin Auguste Rosenthal zwingen zu wollen, ihr Anwesen … innerhalb einer bestimmten Frist an mich zu verkaufen, weil ein solcher Verkauf freiwillig nicht zustande kommt, … .“ Bürgermeister Theodor Günther unterstützte ihn: „Der Antrag ... wird warm befürwortet. ... Der Antragsteller ist ein tüchtiger, schaffensfreudiger, sparsamer und strebsamer Bauer, der rassisch und charakterlich einwandfrei ist und jede Förderung verdient. Um Zwangsentjudungsmaßnahmen wird dringend gebeten.“
Auguste Rosenthal konnte dennoch zunächst in ihrem Haus verbleiben, das zu einem „Judenhaus“ umgewidmet wurde und in dem weitere jüdische Berleburger zusammengezogen wurden.
Für neue Verwendungen wurde das Haus mit dem 28.4.1942 frei, als zahlreiche Angehörige der Minderheit aus der Region nach Zamosc in Polen deportiert und damit zugleich enteignet wurden, unter ihnen Auguste Rosenthal.
In Vorbereitung ihrer Deportation hatten die Bewohner Wohnungsinventare anzulegen und am Deportationstag zu hinterlassen. Der Wohnungsinhalt wurde anschließend von einem Finanzbeamten und einem städtischen Angestellten mit der Liste abgeglichen, um danach durch die Stadt Berleburg im Hause selbst versteigert werden zu können. „Der Verkauf fand zu recht billigen Preisen statt.“ Die Differenz zwischen Taxwert und Verkaufspreis ging in die kommunale Kasse.
Die bis ans Ende der 1950er Jahre andauernden jahrelangen Rückerstattungsverfahren der Erben von Auguste Rosenthal erbrachten ein minimales Ergebnis, z. T. verloren die Erben durch Kostenentscheidung mehr als sie zurückgewonnen hatten.
Autor/in der Biografie: Ulrich F. Opfermann, 2015
Quelle(n): Stadtarchiv Bad Berleburg, 151 und 744; Meldeunterlagen Bad Berleburg; Ulrich Friedrich Opfermann, Zigeunerverfolgung, Enteignung, Umverteilung. Das Beispiel der Wittgensteiner Kreisstadt Berleburg, in: Alfons Kenkmann/Bernd-A. Rusinek (Hrsg.), Verfolgung und Verwaltung. Die wirtschaftliche Ausplünderung der Juden und die westfälischen Finanzbehörden, Münster 1999, S. 67-86; ders., „Mit Scheibenklirren und Johlen“. Juden und Volksgemeinschaft im Siegerland und in Wittgenstein im 19. und 20. Jahrhundert, Siegen 2009, S. 96, 100, 142, 221f.
Stolperstein Verlegedatum: 10.2.2009
Stolperstein Verlegort: Ederstraße 15, Bad Berleburg
Bildquelle(n): AMS