Rosenthal, Julius

Nachname: Rosenthal

Vorname: Julius

Geburtstag: 1.4.1877

Geburtsort: Berleburg

Wohnort(e): Berleburg, Soest, Basel

Beruf/Erwerbstätigkeit: Unternehmer

Religion: jüdisch

Fluchtort: Schweiz

Todestag: 1.1.1939

Todesort: Basel

Biografie: Julius Rosenthal war Inhaber des Glühlampenwerks „Merkur“ in Soest. Am 28. November 1938 verfügte die Gestapostelle Dortmund die Beschlagnahme des gesamten Vermögens der Firma sowie des privaten Vermögens der Familie. Familie Rosenthal flüchtete in die Schweiz. Inzwischen fand ein "scharfer Ringkampf" zahlreicher Interessenten um das Unternehmen statt. Dabei obsiegten Walter Heringlake, Kohlenhändler in Siegen und Gauinspekteur der NSDAP, und ein weiterer Parteigenosse, die sich die Beute hälftig teilten. „Der Kaufpreis fuer die gesamten 100% Geschaeftsanteile war RM. 975.000  & war … zahlbar vier Wochen nach Eintritt der Rechtswirksamkeit des Vertrags, d. h. nach Eingang der erforderlichen Genehmigungen. Diese Klausel ermoeglichte den Kaeufern, innerhalb dieser Frist die Wertpapiere zu realisieren & Außenstaende einzuziehen & so den ganzen Verkauf mit den eigenen Mitteln von Merkur, m. W. ohne eigenes Vermoegen zu besitzen, zu finanzieren.“ (Memorandum Kurt Rosenthal,  Sohn von Julius R., undat. [1948]), es sei sogar noch etwas „übriggeblieben“ (Eugen Flegenheimer an Entnazifizierungshauptausschuss im Verfahren Walter Heringlake, 10.4.1949). Rosenthal hielt sich währenddessen in Basel auf. Dort erhielt er im Dezember 1938 die Ausreiseverfügung. Zu Jahresbeginn 1939 erlitt der an Angina pectoris Erkrankte den Herztod. Die Familie musste die Schweiz verlassen, konnte aber in die USA ausreisen. 1940 wurden die noch nicht verteilten Reste des hinterlassenen Vermögens, so ein Wohn- und Geschäftshaus in Berleburg und Waldparzellen, die im Volksmund „die Judenfichten“ genannt wurden, zu "dem Reich verfallen" erklärt. Geplant war bereits seit 1939 von Bürgermeister Theodor Günther und dem Gauheimstättenwerk der DAF, einen großen Teil dieser und weiterer Grundstücke enteigneter Juden und Sinti-Nachfahren für "die Errichtung einer Kleinsiedlung von 15 bis 27 Stellen im Gelände der Gemarkung Berleburg 'Auf dem Baumrain'" für "deutschblütige" Arbeiter zu verwenden. Die zu diesem Zweck 1940 "unter Mitwirkung aller interessierter Kreise" gegründete Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft eGmbH Wittgenstein konnte kriegsbedingt erst nach dem Ende des Nationalsozialismus Bauaktivitäten entfalten.
Heringlake und sein Kompagnon waren zwar nach 1945 gezwungen, im Ergebnis eines langwierigen Rückerstattungsverfahrens das Merkur-Werk zurückzugeben, erhielten jedoch jeweils eine Abfindung von DM 125.000 von der Familie.

Autor/in der Biografie: Ulrich F. Opfermann, 2015

Quelle(n): Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland, NW 1.049-3.804 (Walter Heringlake); Stadtarchiv Bad Berleburg, Nr. 744; Patrick Kury, Im Dienste der „Überfremdungsbekämpfung“. Der Fall Julius Rosenthal, in: Heiko Haumann, Erik Petry, Julia Richers (Hrsg.), Orte der Erinnerung, Menschen und Schauplätze in der Grenzregion Basel 1933–1945, Basel 2008, S. 86–90; Reimer Möller, „Merkur“ – Das gute Licht von Soest, in: Birgit Bedranowsky/Wilhelm Becker (Hrsg.), Ein Jahrhundert öffentliche Stromversorgung in Soest 1899-1999 (Soester Beiträge zur Geschichte von Naturwissenschaften und Technik, H. 7), Soest 1999, S. 153-168; Ulrich Friedrich Opfermann, „Mit Scheibenklirren und Johlen“. Juden und Volksgemeinschaft im Siegerland und in Wittgenstein im 19. und 20. Jahrhundert, Siegen 2009, S. 132ff.; Dokumentation und Archivierung verfallener Bauwerke: http://www.rottenplaces.de/main/?p=9823; Regionales Personenlexikon: http://akteureundtaeterimnsinsiegenundwittgenstein.blogsport.de/a-bis-z/gesamtverzeichnis/#heringlake2