Stähler, Rudolf

Nachname: Stähler

Vorname: Rudolf

Geburtstag: 31.03.1910

Geburtsort: Ferndorf

Wohnort(e): Ferndorf, Ferndorfer Straße

Beruf/Erwerbstätigkeit: Arbeiter im Sägewerk

Religion: evangelisch

Haftort(e): März 1937 und 04.03.1938 Heil- und Pflegeanstalt Warstein; 27.06.1941 und 17. oder 18.07.1941 Verlegungen in die Heil- und Pflegeanstalten Herborn und Hadamar

Todestag: 17. oder 18.07.1941

Todesort: NS-"Euthanasie"-Anstalt Hadamar

Biografie: Rudolf Stähler – Opfer der NS-„Euthanasie“
Dieser Schriftzug ist an der Ferndorfer Friedhofskapelle neben der Gedenktafel für die im Zweiten Weltkrieg Gefallenen bzw. Vermissten zu lesen, die ein Ort der Erinnerung und des Mahnens ist. Der Name Rudolf Stähler wurde nachträglich in die Gedenkliste aufgenommen. Rudolf Stähler war zum Zeitpunkt seines Todes 31 Jahre jung. Er wurde Opfer des nationalsozialistischen „Euthanasie“-Programms.
 
Rudolf Stähler wurde am 31. März 1910 im Hause „Stöhlersch“ (Fröhlichshof, heute Ferndorfer Straße) geboren. Seine Eltern waren August und Berta Stähler, geb Krämer. Rudolf litt unter einer geistigen Behinderung, war aber voll in die örtliche Gemeinschaft integriert. Er hatte gute Freunde und eines seiner Hobbys war die Musik: der junge Mann spielte die Geige. Im damaligen Ferndorfer Sägewerk Kolb (heute Autohaus Schneider) fand er Arbeit. Wissenschaftliche Studien des Historikers Stefan Kummer weisen darauf hin, dass Rudolf Stähler im Alter von drei Jahren derart schwer von einem Tisch stürzte, dass er vier Tage bewusstlos war und bleibende Hirnschäden davontrug.
 
Im März 1937 sowie am 4. März 1938 wurde Rudolf Stähler in die Heil- und Pflegeanstalt Warstein eingewiesen. Am 27. Juni 1941 bzw. am 17. oder 18. Juli 1941 erfolgten die Verlegungen nach Herborn und Hadamar. Er wurde dort am Einlieferungstag ermordet und sein Leichnam verbrannt.
Anmerkung der Redaktion: Aus Gründen der Wahrung des postmortalen Geltungswerts des Opfers werden keine Details aus der Patientenakte veröffentlicht.
 
Die sofortige Verbrennung der Leichen wurde mit der Seuchengefahr erklärt. In den Benachrichtigungen an die Angehörigen stand: „plötzlich und unerwartet verstorben“. In einem Trostschreiben wurde eine falsche, natürliche Todesursache mitgeteilt. Die Fakten sprechen schon lange eine andere Sprache. Menschen wie Rudolf Stähler galten als „lebensunwert“, passten nicht in den Rassenwahn des Terrorregimes. Als offizielles Sterbedatum gaben seine Mörder den 5. August 1941 an.
 
Dass Rudolf Stählers Name so viele Jahre nach seinem Tod in der NS-„Euthanasie“-Anstalt Hadamar wieder in Erinnerung gerufen wurde, ist dem Engagement seines Neffen Werner Münker (1928-2011) zu verdanken. Als die Grabstätte seiner Großeltern, zugleich auch Bestattungsort des Onkels, vor einigen Jahren eingeebnet werden sollte, wünschte sich der Ferndorfer einen Ort des Gedenkens, damit Rudolf Stählers Schicksal nicht in Vergessenheit gerate. Werner Münker verstand sein Bemühen auch als symbolischen Akt – stellvertretend für die 10.072 in Hadamar mit Gas ermordeten psychisch kranken und geistig behinderten Menschen – und als Versuch, den Opfern ihre Menschenwürde wiederzugeben.
 

Autor/in der Biografie: Werner Münker und Katrin Stein

Quelle(n): Leicht abgeänderter Bericht von Anja Bieler-Barth in der Siegener Zeitung vom 20.03.2008; basierend auf mündlichen Angaben von Werner Münker; Ausstellung von Stefan Kummer im Aktiven Museum Südwestfalen, Siegen 2012, zum Thema „Opfer der NS-‚Euthanasie’-Verbrechen aus Siegen-Wittgenstein und der Umgang mit Menschen mit Behinderung heute“.

Bildquelle(n): Archiv Dorfgemeinschaft Ferndorf